Lebensraum Mangrovenwälder - Abenteuer Regenwald (2024)

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Vom Tiger bis zur Krabbe, vom Affen bis zum Korallenfisch – Mangroven ernähren und schützen Tausende Arten von Lebewesen und kommen selbst mit den extremsten Bedingungen klar: mit Salzwasser, Hitze und Überschwemmungen. Und für uns Menschen sind sie ein Segen. Denn Mangroven halten nicht nur Sturmfluten auf, sondern auch die Erderwärmung. Wir müssen alles tun, damit sie nicht weiter zerstört werden!

Mangrovenwälder säumen die tropischen und subtropischen Küsten der Kontinente. Die Karte zeigt, wie viele verschiedene Arten jeweils dort wachsen: Von dunkelblau (wenige Arten) bis orange (viele Arten) (Bild:https://publicwiki.deltares.nl/display/BTG/Mangroves)

Leben in der Todeszone

Mangrovenwälder sind vielfältig: Sie bestehen aus Büschen, Palmen und Bäumen, die an den Küsten und Flussmündungen rund um den Äquator wachsen: Wälder zwischen Land und Meer. Insgesamt gibt es 70 bis 80 verschiedene Arten; manche Bäume überragen niedriges Buschwerk um 40 Meter. Mangroven sind Lebenskünstler. Denn sie wachsen dort, wo gewöhnliche Pflanzen sterben würden: im Salzwasser unter sengender Sonne, im Wechsel zwischen Ebbe und Flut.

Detail der Mangrovenwurzeln im Sand (Bild:iStock/jomphong)

Mit Schnorchel und Stelzen

Mangroven wurzeln in Schlamm und Schlick, die sich an den Flussmündungen und Küsten sammeln. Doch das warme Meerwasser und der Schlamm sind arm an Sauerstoff, und außerdem werden die Wurzeln bis zu zweimal täglich überflutet. Wie können Mangroven dann überhaupt atmen? Durch alle möglichen Formen von Luftwurzeln, die wie Schnorchel funktionieren und über große Poren Sauerstoff aufnehmen:
Bei einigen Mangrovenarten springen die Atemwurzeln wie Bleistifte oder Kegel senkrecht aus dem sumpfigen Boden. Andere bilden ein Gewirr von verschlungenen Bögen, einige erinnern an ein knorriges Knie: Diese Luftwurzeln wachsen erst waagerecht im Boden, tauchen dann auf, machen einen Knick und streben zurück in den Sumpf.
Weit verbreitet ist die Art Rhizophora. Ihr griechischer Name bedeutet „Tragende Wurzeln“, denn ihre Wurzeln wachsen in verschiedenen Höhen vom Stamm nach unten. Mit diesen Stelzenwurzeln trotzt die Mangrove jeder Welle.

Atem- und Stelzenwurzeln verschaffen Luft und Halt (Bild:Leon petrosyan/CC BY-SA 3.0)Wie Bleistifte springen diese Atemwurzeln aus dem Boden (Bild:C. Trainor CC BY-SA 3.0)Mix aus Atem- und Stelzenwurzeln (Bild:Ron from Nieuwegein / South Moreton Oxfordshire, CC BY-SA 2.0)

3 Stockwerke voller Reichtum

Mangrovenwälder zählen zu den artenreichsten Lebensräumem der Erde, denn unter Wasser, auf dem Boden und in luftiger Höhe finden die verschiedenartigsten Tiere und Pflanzen ihr Auskommen.

Unterwasserwelt

Hier ist am meisten los: Muscheln, Anemonen, Schwämme und Algen halten sich an den Wurzeln der Mangroven fest – für Fische, Krabben und Langusten sind sie nicht nur Speisekammer, sondern auch Versteck vor gefräßigen Feinden. Das Unterwasser-Wurzelreich ist auch eine sichere Kinderstube für viele Fische und Krebstiere, bevor sie sich ins offene Meer aufmachen. Der seltene Riesenzackenbarsch, immerhin ein großer Raubfisch, wagt sich zum Beispiel erst nach sechs Jahren, wenn er etwa einen Meter lang ist, aus seinem geschützten Kinderzimmer hinaus ins künftige Jagdgebiet: ein Korallenriff im flachen Küstengewässer.

Hier wachsen junge Meerestiere im Schutz der Mangrovenwurzeln heran (Bild:istock/damocean)

Gezeitenzone

Ebbe und Flut bestimmen diesen Lebensraum, der bewohnt wird von Insekten und Wasserläufern, Fröschen und Echsen, Schlangen wie Anacondas bis zum Salzwasserkrokodil, dem größten Krokodil der Erde. Die kuriosisten Wesen dieser Zone sind wohl die Schlammspringer: Fische, die meistens außerhalb des Wassers leben. Sie atmen, indem sie im Maul und in den Kiemen Wasser speichern. Und auch durch die feuchte Haut können sie Luft aufnehmen.
Auch Königstiger streifen durch Mangrovenwälder: In den Sundarbans von Indien und Bangladesch, die zu den größten Mangrovenwäldern der Erde gehören, lebt wahrscheinlich die größte Population dieser majestätischen Tiere. Der Königs- oder auch Bengaltiger ist vom Aussterben bedroht.

Tigerpython im Kampf mit einem Alligator (Bild:Lori Oberhofer)Schlammspringer zwischen Mangrovenwurzeln (Bild:pixabay)Königstiger in den Sundarbans, Indien (Bild:Soumyajit Nandy/CC BY-SA 4.0)

Baumkronendach

Hier regieren die Vögel, die von dort aus auf Fischjagd gehen. Zu den auffälligsten Bewohnern der südamerikanischen Mangrovensümpfe gehört der Rote Sichler. In großen Kolonien brüten und schlafen diese Vögel im Geäst der Bäume. Tagsüber stochern sie mit ihren langen Schnäbeln im Schlamm nach Muscheln und Würmern. Auch viele Zugvögel rasten auf ihren langen Reisen in den Mangroven.
Und natürlich turnen in den Baumkronen auch Affen, Faultiere verdösen den Tag – und Boas lauern, auf Ästen zusammengerollt, auf Beute.

Einheimische Vögel (Rote Sichler) versammeln sich in der Dämmerung auf ihrem Schlafbaum (Bild:Konrad Wothe www.konrad-wothe.de)

Mangroven – ein Segen für Menschen

Sie liefern Nahrung

Mangroven sind die Lebensgrundlage von rund 120 Millionen Menschen. Man schätzt, dass die Hälfte der Fische, die an den tropischen Küsten gefangen werden, von den Mangroven abhängen. Doch die Mangroven versorgen die Küstenbewohner nicht nur mit Fischen und anderen Meerestieren. Sie liefern auch Honig, Algen, Früchte, Salz und Blätter für Tierfutter.
„In unserem Mangrovenwald haben schon unsere Ahnen Krabben, Muscheln und viele Arten von Fischen gefangen. Und solange der Mangrovenwald noch steht, haben wir zu essen. Wenn große Wellen auf unsere Küste rollen, schützen Mangroven unsere Dörfer.“ Das erzählt uns Romeo Japson, der im Süden der philippinischen Insel Palawan mit der Bevölkerung seiner Heimat die zerstörten Mangroven wieder aufforstet.

In den Mangrovenwäldern wird alles im Boot transportiert (Bild:Sharon Ang/Pixabay)

Sie bremsen Tsunamis

Mangrovenwälder bilden dichte Barrieren gegen Sturmfluten und Überschwemmungen und sind deshalb ein wichtiger Küstenschutz. Schon ein 1.500 Meter breiter Mangrovenwald lässt eine Ein-Meter-Welle auf nur noch fünf Zentimeter schrumpfen. Das fand der japanische Wissenschaftler Yoshihiro Mazda vom Institut für Meereswissenschaften der Tokio University heraus.

Sie halten die Erderwärmung auf

Mangroven sind wahre Klimaretter. Denn sie speichern große Mengen von klimaschädlichen Gasen wie Kohlendioxid (CO2), Lachgas und Methan – sowohl in den Bäumen selbst als auch im Boden. Mangrovenwälder entsprechen zwar nur einem Prozent der Fläche der tropischen Regenwälder, sie können aber dutzendmal so viel Klimagase speichern. Das sagt Prof. Martin Zimmer, Leiter des Leibniz-Zentrums für Marine Tropenforschung in Bremen.

Schüler auf den Philippinen helfen beim Aufforsten (Bild:Ulrich Kronberg)

Mangroven sind bedroht

– und zwar durch menschliches Tun. Sie werden zerstört für Landwirtschaft, vor allem Palmölplantagen und Reisfelder. Und auch sogenannte Aquakulturen für die Aufzucht von Shrimps breiten sich weiter aus. Dörfer und Städte wachsen näher an die Küsten heran. Dünger, Pestizide, Luftverschmutzung setzen diesem sensiblen Ökosystem zu. Und weil immer mehr Touristen an die tropischen Küsten reisen, müssen Mangroven für Hotels, Straßen, Geschäfte und Häuser weichen.
Der Mangroven-Experte Martin Zimmer schätzt, dass jedes Jahr ein bis zwei Prozent der weltweiten Mangrovenwälder verlorengehen. Laut Umweltprogramm der Vereinten Nationen wachsen heute rund 150.000 Quadratkilometer Mangrovenwälder in 123 Ländern. Mehr als ein Viertel ihrer ursprünglichen Fläche wurde schon vernichtet.


Wir können etwas tun

Viele Länder haben die Bedeutung der Mangrovenwälder inzwischen erkannt. Sie schützen die Mangroven gesetzlich und bestrafen die Abholzung. „Noch wichtiger ist die Zusammenarbeit mit der Bevölkerung vor Ort, um sie vom Wert der Mangroven zu überzeugen“ sagt Mangrovexperte Martin Zimmer. Auch die Verbraucher könnten zum Schutz der Mangroven beitragen, indem sie etwa auf Riesengarnelen verzichten. Für deren Zuchtstationen wird oft Mangrovenwald zerstört.

Letzte Aktualisierung: 6. Dezember 2022

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